So jetzt kommt der Trommler dahergeschlurft, stöpselt seine Kopfhörer ein und fängt an in die Kick zu treten. Wenn er nicht von selber anfängt sage ich übers Talkback:
„Kick“ dann drehe ich den Gain (das ist der oberste Knopf im Kanal, außer bei uralten Yamaha Pulten da ist’s der unterste, warum? Yomama hat den Logikfehler in den 90ern selbst erkannt und es geändert) bis die das Signal leicht rot anschlägt auf der Kanal LED Kette. Rot deswegen weil die Erfahrung sagt dass erstens das Signal leicht Komprimiert wird dadurch, und zweitens weil die rote Lampe bei fast allen Pulten etwa 6dB vor Clipping bereits angeht, also hat man einen guten Ausgangspunkt um das Pult recht „heiß“ zu fahren, also hohe Pegel in jedem Kanalzug zu haben. Das vermindert das Rauschen und beschert einem stabilere Signale, außerdem funktioniert dann mein Gate genau da wo ich es bereits vorher eingestellt habe. Mackiepulte, die allerdings sehr sehr selten sind darf man nicht rot fahren, Soundcraft Pulte MÜSSEN rot sein vor allem die alten, sonst klingts nach gar nix. Meist ist die Kick zu holzig vom Sound und nicht schneidig genug, deswegen kann ich bei Bedarf direkt die 400 rausdrehen, da habe ich ja bereits den Frequenzregler angesetzt und ganz oben noch ein bisschen Höhen, das hilft um sie bei fetten Gitarrenwänden noch zu orten. Gate noch ein bisschen den Arbeitspunkt angepasst, fertig.
„Snare“ Doing, doing, irgendwas in den Mitten raus, meistens, oder den Trommler noch mal nachstimmen lassen. Die Snare muss TFACK machen deswegen den Hallreturn vom Spx aufziehen und die Reverbtime zurück oder aufdrehen, meistens landet man bei 1,8 Sekunden. Ich halte praktisch nichts von bauchigen Snares da ich sie immer als unpassend in voll gepackten Mixen empfinde und außerdem war ich selber mal Trommler und mein Snaresound im Kopf ist geprägt von Millionen Schlägen auf Marschtrommeln (=Snares) bei denen mein Kopf nur 60 Zentimeter weg war.
„hihat“ zischel zischel. Passt ich hab ja eh schon unten alles rausgedreht.
„Tom eins“ dung, dung, dung . Die Mitten raus bis der Attack hörbarer ist und den Gain nachziehen, hier hilft auch rotes licht an der Kanal LED. Am Gate die Release recht kurz lassen dann machts nicht ewig uuuuuuuuuuuuunnnnnggg.
„Tom zwei“ dong, dong, die blödste aller Toms, nicht richtig tief und nicht hoch. Viele Trommler lassen sie deswegen weg, wenn ihr mal auf nem Konzert seid schaut mal ans Schlagzeug da seht ihr oft das links neben dem ersten Tom eine Lücke ist, da gehört das zweite Tom hin, wurde aber aus Gnade weggelassen. Gleiches Prozedere wie beim ersten Tom.
„Tom 3“ das sollte die Dicke Bertha sein und BOM, BOM machen. Ist oft zu hoch gestimmt, deswegen den Trommler eventuell runterstimmen lassen. Den Release etwas länger damit es so richtig BOOOOM BOOOOM macht.
„Komplette Kiste“ Trommler sollte jetzt BUUM, TFACK, BUM BUM FTACK, Dung Dung Dong Dong BOM BOM PFTSCHHSSSSSS spielen. Dabei die Toms leicht im Panorama verteilen, die hohe Links die Tiefe in die Mitte die Mittlere Rechts. Dazu noch mal kurz alles ausmachen und nur die Overheads an und da ist auch schon unten alles raus, passt. Jetzt alle Fader auf 0dB (drei viertel auf) muss passen.
„Bass“ beim Bass gibt ‘s immer zwei Signale, einmal das direkte Signal ohne Mikrofon und einmal den Lautsprecher mit Mikrofon abgenommen. Durch die leicht unterschiedliche Phasenlage klingt der Bass nicht zu direkt und hat etwas mehr Luft und Räumlichkeit, das Mikrofon mit Locut etwas beschneiden (100Hz) sonst koppelts zu schnell, das Direktsignal meistens bei 400 absenken. Aber nicht immer. Erstmal hören man weiß nie.
„Gitarre rechts“ das ist die Gitarre auf der linken Bühnenseite vom Publikum gesehen, aber aus sicht der Musiker die rechte, da sie ja ins Publikum schauen. Aus Servicegründen passt man sich dem Musiker an und sagt es ihm aus seiner Sicht. Gitarrist spielt Tschung, Tschung du di du di dudu duuuuuuuuuuu. Locuts sind schon gesetzt, passt, jetzt quetschts im Ohr, dann 1000 Hertz von mir auch die „Thousand Hurts“ gaaaanz leicht absenken und Gain nachziehen, dadurch klingts mehr nach 4x12 Lautsprecher. Achtung Falle: Meistens macht man die Gitarren wenn sie alleine sind zu leise, ein klassisches Merkmal von unerfahrenen Mixern, deswegen wieder des eigenen Empfindens durch das stark verzerrte Signal beherzt den Gain noch mal 1-2 Millimeter nachziehen. Sonst endet man mit einem Kick featuring Gesang Mix. Ich habe immer, egal wie klein der Club ist, zwei Mikrofone an den Gitarren: Erstens falls eins ausfällt, dann kann ich das zweite nachziehen (=lauter machen) zweitens kann man dadurch verhindern dass die Gitarre entweder zu leise und schmal oder zu laut und aufdringlich ist. Alles wird etwas flächiger und bekommt so eine Korona, ähnlich einem schön gemachten überbelichteten Bild von einem schönen Frauengesicht. Die Lautsprecher links und rechts in 4x12 Boxen sind oft aus der Phase verdrahtet und deswegen muss man eventuell das zweite Mikrofon in der Phase drehen.
„Gitarre links“ gleiches Prozedere wie Gitarre rechts.
“Harddisk“ Tschugga bling bloiing düddeldüüüüüüü. Muss man oft wegen den Digitalen Samples die schmerzhaften 4000 Hertz rausziehen, aber nicht immer. Den Bassfrequenzregler auf 40 Hertz stellen und rausdrehen. Jetzt kommt der coole Part: Meistens sind auf dem Harddisk zu viele Bässe da Musiker Bässe für cool und fett halten, aber wenn die dauernd so dominant sind wird das Publikum schnell ungewollt genervt. Deswegen erstmal gaaaaan gaaaaanz unten absenken, und wenn jetzt der coole Part kommt wo der Harddisk fast alleine läuft und nur der Sänger singt wie zum Beispiel bei „Mongoose“ von den Emil Bulls im C-teil, dann ganz schnell die 40 Hertz reindrehen auf plus zehn und ordentlich die ganz tiefen Subwoofer die Mädels in den ersten Reihen durchschütteln lassen.
Dann schnell wieder rausdrehen weil ja der Refrain kommt und wer braucht schon Streicher mit 40 Hertz? Das ist die so genannte „Truck frequency“ so klingt das wenn man an der Ampel mit geschlossenen Scheiben die Bässe von einem nebenan stehenden Auto hört in dem eine fette Anlage eingebaut ist. Also schon cool aber nutzt sich schnell ab.
„Backing Vocals“ Hallo, hallo. Schnell unten alles raus die zweiten Stimmen sollten nie Fetter klingen als der Sänger, das wäre albern und würde dem Sänger die Tonale Autorität und den Allmachtsanspruch nehmen. Da mein Kompressoren schon auf 4:1 stehen und auf Threshhold -10, release fastest, passts eh schon.
„Center Vocal“ Einfach 3000 Euro für den so genannten „Money Channel“ ausgeben, ein Rack mit möglichst teurem Equipment aus Amerikanischen Edelschmieden und das im Gesangskanal anschließen.
Jetzt die ganze Band spielen lassen. Wenn man alles Geschmackvoll und Gut gemacht hat sollte in einer leeren Halle jetzt ziemlich ohrenbetäubend und etwas kratzig der Gesamtsound der Band in der Halle stehen wie ein Brett. Warum kratzig? Warum Ohrenbetäubend? Ohrenbetäubend deswegen weil man dadurch feststellen kann ob irgendwo Rückkoppelungen entstehen, wenn nachher das Konzert losgeht will man nicht plötzlich merken: „Oh verdammt, ich muss den Gesang lauter machen“, und dann Pfeiffts ganz schrecklich oder den Bass anheben und es macht „WHHHOOOOOOOMMMMMMM“ deswegen den Soundcheck mal so mit etwa 106, 108 Dezibel fahren um feststellen zu können ob man genug Platz hat. Außerdem wird die Halle ja nachher im Idealfall mit Wassersäcken (=Publikum) vollgestellt die verschlingen durch ihre Bauform und Masse irre viel Leistung. Meistens ist man, wenn man beim Soundcheck so 106 dB hat nachher bei etwa 99-100. Warum Kratzig? Weil erstens die Hochtöner von PA Systemen während der Vorband erst warm werden und dann weicher klingen, was bei bereits jetzt zu weichem Sound zum Mumpf führen würde, außerdem schwitzen die Menschen die nachher noch kommen und bei hoher Luftfeuchtigkeit und höherer Temperatur breiten sich hohe Frequenzen zunehmend schlechter aus. Das heißt beim Soundcheck muss es so klingen wie wenn man an einem Hellen Tag mit weisser Wolkenschicht ins Freie tritt und unwillkürlich die Augen zusammenkneift, wenn dann Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Dämpfung dazukommen ist es so wie wenn man ne Sonnenbrille aufsetzt und sich in einen Chrysler L300 mit getönten Scheiben setzt. Verdammt KEWL! Das ist auch der Grund warum ich es gar nicht mag wenn während des Soundchecks schon Freunde der Band anwesend sind, denn die denken dann oft: „Uiuiui das ist aber grell, nicht so Fett bablabla.“
Und verunsichern im schlimmsten Fall die Band. Meistens spielt die Band auch nicht mit ihrer vollen Wucht, und deswegen entsteht schnell ein falscher Eindruck.
So das war’s, alles Beste
Euer JDawg
Ungefähr so sieht das dann aus: